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- Kategorie: Gedichte Archive
- Veröffentlicht: 03. April 2014
Else Lasker-Schüler, Gesammelte Werke in drei Bänden. Bd. 1: Gedichte 1902-1943, München (Kösel Verlag) 1959, S. 174.
pdf Else Lasker-Schüler: Vollmond
Das Gedicht erschien zum ersten Mal 1911 in der Sammlung "Meine Wunder" (ebd., S.379). Obwohl Else Lasker-Schüler 1869 in Elberfeld (heute ein Stadtteil von Wuppertal) geboren wurde, hat sie immer Theben, die Stadt in Ägypten, als ihre Geburtsstadt angegeben (vgl. Else Lasker-Schüler, Briefe an Karl Kraus, Köln (Kiepenheuer&Witsch Verlag) 1960, S.150). So sehr sie die deutsche Hreimat liebte, so sehr zog es sie unaufhörlich in die Heimat des jüdischen Volkes. Vielleicht ersetzte dabei das orientalische Theben, das die Phantasie der Dichterin mit märchenhaften Attributen ausschmückte, den Ort, dem alle Sehnsucht galt, den sie schließlich erreichte und an dem sie 1945 starb: Jerusalem. Wie in ihrem Gedicht vom alten Tibetteppich (siehe Gedicht des Monats März 2011) verschwimmen die Orte und Zeiten ineinander. Sie werden gefüllt mit Gebilden aus der Vorstellungswelt der Dichterin. In vielerlei Gestalt tritt sie dabei selbst in ihrer Dichtung auf, vor allem immer wieder als Jussuf, als Prinz von Theben. Mit diesem Pseudonym unterschreibt sie viele ihrer Briefe an Karl Kraus. So schließt zum Beispiel eine Nachricht aus dieser Korrespondenz folgendermaßen: "[...] Wenn mich nur das Leben nicht anekelte und ich noch eine Freude hätte. Sitzen wir alle und weinen und können uns nicht vereinen. Sind Sie auch so allein in der Seele? Ihr Prinz Jussuf von Theben (Humboldtstarße 13/II - Grundewald - Berlin." (E. Lasker-Schüler, Briefe an Karl Kraus, S.19) Das Traumgespinst des Theben-Märchens, das im Herzen der Dichterin realiter existiert, wird für sie zum Inbegriff dessen, was andere meinen, wenn sie von 'Heimat' sprechen. Für die Dichterin, die den größten Teil ihres Lebens nicht sesshaft, sondern unterwegs war, bestand diese Heimat aus einer phantastischen, stark von morgenländischen Bildern beeinflussten Verschmelzung der beiden Städte Elberfeld und Jerusalem. Dabei musste notwendigerweise die deutsche von der industriellen Revolution geprägte Örtlichkeit gegenüber der üppigen Farbenskala und dem betörenden Aroma der orientalischen Stadt verblassen, von deren "segnenden Düften" sich die Dichterin Heilung und Erlösung von der quälenden Sehnsucht versprach.