Vergessen Gerede
hell hingestreut
über Sumpf.
Schweigen
wir, schweigen
doch wir
im heutigen Tag.
Schweigen wir
Euch alle ein.
Ihr seid tot.
Aber wir
aber wir
trocknen und drechseln
Verbogenes
Hinterlassenes
so Euriges
dass nur Verrat
uns rettet.
Aber wir
vor Euch
aber heute
vor gestern -
nichts hat uns befreit.
veröffentlicht 1952
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- Veröffentlicht: 16. November 2020
Aus der Ansprache von Christoph Meckel zur Verleihung der Ehrengabe des Reinhold-Schneider-Preises 1988 an Lotte Paepcke:
"Wie fast alle Autoren ist Lotte Paepcke - als Schriftstellerin, Lyrikerin und Publizistin - Moralist. Ihr Anspruch auf Menschlichkeit ist in ungewöhnlicher, strenger Stille verkörpert. Humanität, ein besseres Wort für Moral, bestimmt das gespannte, schmerzende, oft bibelnahe, manchmal geisterhafte Pathos ihres Überlebensberichtes "Unter einem fremden Stern. Geschichte einer deutschen Jüdin" (1952). Sie gibt der Prosa, die sie für ihren Vater intonierte, eine große Wärme und Einfachheit - Kaddish (einbes der wichtigsten Gebete im Judentum). Sie zieht sich als Grundstrom aus Untröstlichkeit und Klage, nicht Anklage, durch ihr Lebensgedicht."
Lotte Paepcke wurde als Lotte Mayer 1910 in Freiburg geboren. Sei entstammt einer jüdischen Familie. Sie studierte Rechtswissenschaft, wurde 1933 nach ihrem Referendarexamen nicht zum Referendardienst zugelassen - aus "rassischen Gründen". Auch der Versuch einer Promotion scheiterte. Die mit dem Philologen Dr. Ernst Paepcke geschlossene Ehe schützte sie zunächst vor der Deportation, in den letzten Jahren des Nationalsozialismus tauchte sie unter und lebte in der Illegalität an verschiedenen Orten, zuletzt, nach dem schweren Bombenangriff auf Freiburg im November 1944, fand sie mit ihrem Sohn Zuflucht im Kloster Stegen. Nach dem Krieg war sie Mitarbeiterin beim Rundfunk und für verschiedene Zeitungen tätig. Zudem arbeitete sie in Karlsruhe als Eheberaterin.