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- Kategorie: Schülerbeiträge
- Veröffentlicht: 23. Mai 2012
Ideen für die didaktische Verwertung
Ich habe im literaturwissenschaftlichen Hauptteil herausgearbeitet, dass Hanna und Michael sehr unterschiedliche Kommunikationstypen sind. Meine Überlegungen für einen Unterricht zu diesem Thema gehen in die Richtung, wie ich den Schülern[1] ermöglichen kann, zu erfahren und zu erkennen, dass Hanna sich stark durch ihren Körper mitteilt, Michael dagegen vor allem in Worten. Zuvor muss den Schülern jedoch bewusst sein, dass Sprache einen verbalen und einen nonverbalen Anteil aufweist.
Die von mir in Kapitel 1.1 zum Thema der Kommunikationstypen behandelte Szene, als Michael Hanna nach ihrem Namen fragt, sie auf Schule zu sprechen kommen und Hanna Michael wutentbrannt vorspielt, was Schaffnerin für eine blöde Arbeit ist (S.34-37), halte ich für beide Lernziele sehr eindrücklich und selbstredend.
Diese Szene wird von Michael selbst als Gespräch bezeichnet, sogar als „das erste richtige Gespräch“ (S.36) zwischen ihm und Hanna.
Die Schüler werden wie alle, die unvorbereitet an dieses Thema herangehen, davon ausgehen, dass man in einem Gespräch miteinander spricht, in Worten[2]. Das tun Hanna und Michael ja auch zu einem großem Anteil. An dieser Stelle würde ich die Schüler farblich unterschiedlich markieren lassen, wo gesprochen wird (hier: gelb) und wo eine zum Gespräch gehörende Handlung beschrieben wird (hier: türkis). Die dann nicht markierten Stellen beinhalten zusätzliche Anmerkungen und Gedanken Michaels und können für mein Vorhaben wegfallen. Der markierte Redeanteil und Handlungsanteil stehen dann in dieser schriftlichen Darstellungsweise ungefähr im Verhältnis 5:2. Dieser vielleicht erstaunliche erste optische Eindruck lässt vermuten, dass der Part des Handelns im Gespräch keinesfalls zu vernachlässigen ist. Dieser Verdacht wird erhärtet, wenn man die inhaltliche Bedeutung und Wirkung beider Teile getrennt voneinander und im Zusammenspiel betrachtet. Dazu bietet es sich an, den Redeanteil als ein Text-Präparat 1 und den Handlungsanteil als ein Text-Präparat 2 tatsächlich voneinander zu trennen, und beide separat auf Personen wirken zu lassen, welche die Geschichte nicht kennen. Zum vollständigen Vergleich müsste man ebenso mit einem aus Rede- und Handlungsanteilen ohne Anmerkungen und Gedanken Michaels bestehenden Text-Präparat 3 verfahren. Um einen effektiven und aufschlussreichen Vergleich der Wirkung der drei Text-Präparate vornehmen zu können, bietet sich die Ausarbeitung eines Fragebogens zur Szene an. Bei der Auswertung wird zuerst klar werden, dass die drei Text-Präparate nicht die identische Eindrücke und Bedeutungen der Szene generieren. Interessant sein wird zum einen, welche von Textpräparat 1 und 2 erzeugten Eindrücke an der Bedeutung des Zusammenschnitts der beiden vorbeigehen, also wo durch das Fehlen des einen Parts die Aussage verändert wird, zum anderen welche Ergebnisse des Zusammenschnitts vom Redeanteil bzw. Handlungsanteil allein schon erzeugt werden und welche erst im Zusammenspiel beider. Die Klasse erlangt also durch strukturalistische Textarbeit an der Szene ein Bewusstsein für die Bedeutungsgenerierung von Mitteilungen durch Redeanteile (verbale Sprache) und Handlungsanteile (Körpersprache) sowie deren Zusammenwirken.
Darauf aufbauend kann in der gleichen Szene an Hanna und Michael eine Tendenz zu einem dieser Sprachanteile (Rede bzw. Handlung) entdeckt werden. Hierzu sollen die Schüler beim Rede- und Handlungsanteil jeweils (hier: durch Unterstreichen) Michaels Part hervorheben. Damit sind Hannas und Michaels Rede- und Handlungsanteile auf einen Blick voneinander unterscheidbar. Der Redeanteil Michaels ist nicht wesentlich größer als der Hannas. Was jedoch auffällt ist, dass Hanna vieles wiederholt (hier: grau unterlegt), entweder von Michael Gesagtes oder eigenes. Zudem, und hierzu muss der Kontext wieder herangezogen werden, versteht sie von Michael verbal Geäußertes einmal nicht, seine Bemerkung zum Sitzenbleiben im Sinne von die Klasse wiederholen deutet sie lokal, und einmal falsch, denn Michael sagt, er müsste wie blöd arbeiten, um versetzt zu werden, bei Hanna kommt aber an, er fände seine Arbeit blöd. Etwas aufschlussreicher ist die oben beschriebene Vorgehensweise für den Handlungsanteil. Diesen füllt Hanna nahezu komplett aus. Hannas Hang zur Körpersprache wird hier deutlich. Die strukturalistische Arbeit am Text scheint mir mit dieser quantitativen Auffälligkeit ausgeschöpft zu sein. Eine fruchtbarere weitere Vorgehensweise für die Darstellung von Hannas und Michaels jeweiligen Kommunikationstypen wäre, diese Szene von den Schülern als Rollenspiel umschreiben und aufführen zu lassen. Dabei kann ihnen bewusst werden, dass Hanna hauptsächlich handelt und Michael spricht. Gerade die Schwierigkeit, Michaels Verhalten außerhalb des Sprechens für das Stück zu bestimmen, macht seine wenig körperliche Kommunikationsrolle deutlich. Weiter kann das Spiel vor Augen malen, dass Hanna den emotionaleren Part ausfüllt, ja sogar die Situation erst emotional werden lässt. Zudem findet sie in der Körpersprache geeignete Ausdrucksformen für ihre Gefühle.