Fachdidaktik Deutsch Vormbaum

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November 2015: Welt

DantonMit der Welt ist das so
wie mit Wäsche
erst ist sie frisch
und fremd
und kratzt ein bißchen
doch hat man sich erst einmal eingelebt
fühlt man sich wohl, und sie ist fast
ein Stück von einem selbst
und schließlich
ist sie von Resten deiner Person
von abgelebtem, verlebtem Selbst
dermaßen durchtränkt
daß du sie fliehst
wie dein Grab
wenn es Zeit
ist.

Zur Zeit lese ich mit meinen 12ern aus der Kursstufe  "Dantons Tod" von Büchner. Besonders an einer Stelle im Drama ist mir mein Bruder und das obige Gedicht in den Sinn gekommen. Es ist der Beginn des zweiten Aktes, die Revolution nimmt Fahrt auf, doch der Titelheld ist des täglichen An- und Ausziehens seiner Kleider müde geworden.

CAMILLE. Rasch Danton wir haben keine Zeit zu verlieren.

DANTON (er kleidet sich an). Aber die Zeit verliert uns.
Das ist sehr langweilig immer das Hemd zuerst und dann die Hosen drüber zu ziehen und des Abends ins Bett und morgens wieder heraus zu kriechen und einen Fuß immer so vor den andern zu setzen, da ist gar kein Absehens wie es anders werden soll. Das ist sehr traurig und dass Millionen es schon so gemacht haben und dass Millionen es wieder so machen werden und, dass wir noch obendrein aus zwei Hälften bestehen, die beide das Nämliche tun, so dass alles doppelt geschieht. Das ist sehr traurig.

CAMILLE. Du sprichst in einem ganz kindlichen Ton.

DANTON. Sterbende werden oft kindisch.

(2. Akt, 1. Szene)

Ulrich Brandhoff alias Danton in der Hand der jakobinischen Häscher. Regie: Claus Peymann. Berliner Ensemble 2012 © Monika Rittershaus
Vergänglichkeit
Februar 2013: Wo bleibst Du?

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