Eingeschlossen vom Waggon
Lehn‘ ich in der Ecke,
Und der Dampf trägt mich davon
Brausend auf der Strecke.
In die Gegend rings hinaus
Blick‘ ich so im Fahren
Weithin breitet sie sich aus,
Blühend wie vor Jahren.
Ob des Zuges Hast auch steigt,
Scheint er doch zu weilen,
Nur vor meinem Auge zeigt
Sich ein Flieh’n und Eilen.
Dörfer, Felder, Wald und Au’n
Ziehn vorbei im Fluge,
Still, mit unverwandtem Schau’n,
Sinn‘ ich nach dem Truge.
Und in tiefster Seele klar
Wird mir dieses Leben
Wo, was immer ist und war,
Scheint vorbei zu schweben.
Liebe, Glück und Jugendzeit,
Ach, sie alle weilen -
Nur der Mensch in Ewigkeit
Muss vorüber eilen.
Eisenbahnfahrt
Das handschriftlich überlieferte Gedicht stammt aus von Saars erster, unveröffentlicht gebliebenen Gedichtsammlung des Jahres1855.
Anmerkungen: weilen (V. 10 / V. 22) – verweilen, verharren, still stehen; Sinn‘ ich (V. 16) – denk ich (über etw.) nach; Truge (V. 16) – Trugschluss, Täuschung
Der österreichische Dichter Ferdinand von Saar